Quelle: Stadtarchiv Solingen, Bergische Arbeiterstimme 12. Mai 1923
Die Brothilfe aus der Sowjetunion soll in der nächsten Woche in Wald eintreffen.
10 000 Brote
treffen Ende nächster Woche hier in Wald ein. Teilweise ist schon
das Mehl in der Bäckerei Ohligs der Konsumgenossenschaft „Hoff‐
nung“ eingetroffen. Jeder, der in die Listen eingetragen ist, wird
in der nächsten Woche wahrscheinlich seinen Bon bekommen, für den
er das Brot abholen kann. Ein vorheriges Laufen ins Gewerk‐
schaftshaus oder zu den Mitgliedern des Kontrollausschusses ist daher
nutzlos.
Arbeiter, Klassengenossen! Das ist handgreifliche Solidarität
unserer russischen Brüder, derselben Leute, denen der bürgerliche
Schmok täglich barbarische Grausamkeiten andichtet. Es ist der
herrlichste Beweis dafür, wie sehr unsere Genossen in Rußland sich
schon des internationalen Gedankens bemächtigt haben. Sie be‐
kämpfen ihre Landsleute bis aufs Blut, weil sie Kapitalisten sind,
aber sie schicken ihren fremdsprachigen Kameraden, obgleich man
ihnen noch vor wenigen Jahren erzählt hat, daß sie die „Feinde“
seien, Liebeszeichen in Gestalt von Brot. Brot, nach dem Zehn‐
tausende in Deutschland hungern, Brot von den selbst ebenso armen
russischen Genossen. Arbeiter von Wald, fragt euch auf Herz und
Gewissen, brächtet auch ihr so viel Opfermut und Solidarität auf?
Du Kamerad vom Schraubstock, wirst du nicht schamrot, wenn du
daran denkst, daß du voriges Jahr nicht mal einige Groschen für
die Kinder an der Hungerwolga übrig hattest und nun doch die
segnende Hand der russischen Bauern fühlst? Denkt daran, nur
durch die internationale Solidarität, auf internationaler Basis ist
der Kampf gegen das Weltkapital möglich. Organisiert euch,
arbeitet!!