Alle Beiträge von Stadtarchiv Euskirchen

13. Dezember 1923

Quelle: Stadtarchiv Euskirchen, Euskirchener Zeitung vom 13.12.1923

Reduzierung des Milchpreises  durch den Wirtschaftsausschuss

                                Euskirchen und Umgebung.
                                                                  Euskirchen, 13. Dezember 1923.
     Ermäßigung des Milchpreises. Der gestern Abend noch
in später Stunde zusammengerufene Wirtschaftsausschuß, zu
dem auch Vertreter der christlichen und freuen Gewerkschaften
hinzugezogen wurden, hat folgende neue Milchpreise festge-
setzt: in der Verkaufsstelle 390 Milliarden (Ermäßi-
gung von 30 Milliarden), ab Erzeuger 280 Milliarden
(Ermäßigung 50 Milliarden).

10. Dezember 1923

Quelle: Stadtarchiv Euskirchen, Euskirchener Zeitung vom 10.12.1923

Aufruf der landwirtschaftlichen Organisationen an alle Bauern im Kreis Euskirchen sich mildtätig zu zeigen und bei der Bekämpfung der Hungersnot mitzuhelfen und so Kriminalität und Aufständen vorzubeugen.

                                                             Aufruf
der Arbeitsgemeinschaft der landwirtschaftlichen Organisationen
                                an die Landwirte des Kreises.
         Infolge unserer traurigen Währungsverhältnisse und der zuneh-
menden Arbeitslosigkeit geraten immer weitere Kreise unserer Mit-
bürger in die bitterste Notlage. Der Winter steht vor der Türe.
Es fehlt an Brand und Lebensmitteln. Besonders groß ist die Not
in den Städten. In erschreckender Weise mehren sich die Fälle, in
denen Menschen infolge Hungers dahinsiechen und sterben. Bereits
vor einigen Wochen wies der Reichsernährungsminister darauf hin,
daß wir einem Hungerchaos entgegentreiben. Es bedarf keines
Zweifels mehr, daß angesichts der stündlich wachsenden Not das
Ende mit Schrecken nicht mehr weit entfernt ist; denn die unaus-
bleibliche Folge der Ernährungsnot sind Unruhen, Diebstähle und
Plünderungen – Berufsgenossen, unsere Pflicht als Christ und Bürger
verlangt mit allen Kräften unsere ohnehin schon erschwerten Standes-
pflichten zu erfüllen und darüber hinaus Werke der Nächstenliebe zu tun.
          Die unterzeichneten landwirtschaftlichen Organisationen richten an
alle Landwirte die ebenso herzliche wie dringende Bitte, sich an der
vom Vorstande der Arbeitsgemeinschaft beschlossenen Spende der
Landwirtschaft für die Notleidenden des Kreises mit allen Mitteln
zu beteiligen. Wir wissen, daß an die Mildtätigkeit der Landwirte
heute große Anforderungen gestellt werden, wir sind aber auch
überzeugt, daß die Beseitigung der schlimmsten Nahrungsnot das
einzigste Mittel ist, die kommende Krisis zu überwinden. Nähere
Anweisung ergeht an die Ortsvereinsvorsitzenden der Organisationen.
                  Lokalabteilung des Kreises Euskirchen K. Komp.
                  Reichslandbuch Euskirchen L. Gymnich.
                  Kreisbauernschaft Euskirchen B. Heuser.

4. Dezember 1923

Quelle: Stadtarchiv Euskirchen, Euskirchener Zeitung vom 04.12.1923

Bericht in der Euskirchener Zeitung über die Ausweisung des Beigeordneten Hubert Vallender.

++ Ausweisung. Der frühere Beigeordnete Herr
Hubert Vallender, der in diesem Sommer vom
französischen Gericht zu längerer Gefängnisstrafe ver-
urteilt, dann nach einigen Monaten beurlaubt worden
war, ist am Sonntag morgen von der Besatzungs-
behörde ausgewiesen worden.

29. November 1923

Quelle: Stadtarchiv Euskirchen, Euskirchener Zeitung vom 29.11.1923

Bericht über die Versammlung der Erwerbslosen im Concordia-Festsaal, die sehr stark besucht war. Es wurde in gereizter Stimmung über Maßnahmen diskutiert, die zur Linderung der Not der Erwerbslosen beitragen soll.

                           Euskirchen und Umgegend.
                                                             Euskirchen, 29. Nov. 1923.
                   Eine Erwerbslosen-Versammlung.
        Es ist schlechterdings das Problem unserer heuti-
gen Lage, die Frage der Erwerbslosen. Vor
die grandiose Größe dieser Frage gestellt sah sich auch
der nicht direkt Beteiligte, der gestern morgen die in
die Concordia einberufene Versammlung besuchte.
Es war ein niederdrückendes Gefühl, diese Massenver-
sammlung arbeitsloser kräftiger Menschen beiderlei
Geschlechts,, die Saal und Tribüne füllten Kopf an
Kopf. Drei auswärtige Sprecher verbreiteten sich über
Umfang und Auswirkung der Katastrophe und forder-
ten den restlosen Zusammenschluß aller Erwerbslosen
in Bezirk, Provinz und Reich, um ihre Forderungen
zur Geltung bringen zu können. Im weitaus größten
Teile verlor sich die Aussprache in einem unnützen
Streit über die Tatsache, daß zwei Kommissionen be-
stehen, die die Fragen der Erwerbslosen bearbeiten
sollen, und daß die anscheinend ausgeschaltete Vertre-
tung der beiden hiesigen Gewerkschaftskartelle, welchen
man Mangel an Aktivität zum Vorwurf machte, den
Versuch machte, die Leitung der Bewegung in die Hände
zu bekommen. Jedenfalls erhielt die bisher amtierende
Kommission ein überwältigendes Vertrauensvotum
aus der Versammlung ausgestellt. Es wurde eine Re-
solution zur Annahme gebracht mit einer Reihe von
Forderungen, unter denen die Bereitstellung von Not-
standsarbeitern Forderung ausreichender Barunter-
stützung, Ingangsetzung der Betriebe, evtl. ohne die
Fabrikherren usw. die hauptsächlichsten waren. Die
Redner betonten, daß sie sich vom Einschlagen der Fen-
sterscheiben usw. nichts versprächen, ließen jedoch auch
nicht darüber im Zweifel, daß Not Eisen bricht.
Gegenüber diesem täglich anschwellenden Heer der
Arbeitslosen und der dabei in immer weitere Kreise
eindringenden bitteren Not kann man nur mit größtem
Ernst den betreffenden Stellen die Frage des Verant-
wortungsbewußtseins als recht dringlich vor Augen
führen. Alle Wege, die zur Lösung dieses brennenden
Problems offen stehen, müssen gegangen werden. Es
ist sehr dringlich und verträgt keinen
Aufschub.
Die Stimmung war, trotz äußerer Ruhe, anscheinend
eine sehr gereizte.

28. November 1923

Quelle: Stadtarchiv Euskirchen, Schulchronik Volksschule Frauenberg, Bestand Fra Nr. 118

Eintrag in der Schulchronik der Volksschule Frauenberg über die Einschränkung des Unterrichts wegen Kohleknappheit.

Infolge Kohlennot und Teuerung verfügte Herr
Schulrat Keull am 28. November:
“Beide Klassen haben von heute ab ungeteilten
vollen Unterricht von 8 1/2 Uhr – 1 Uhr in 5 Stunden
à 50 Minuten mit 2 Pausen à 10 Minuten
nach der 2. u 4. Stunde. Ich bitte um äußerste
Sparsamkeit im Kohlenverbrauch. Persönliche Über-
wachung!”

25. November 1923

Quelle: Stadtarchiv Euskirchen, Schulchronik Volksschule Wißkirchen, Bestand SWE Nr. 4

Eintrag in der Schulchronik der Volksschule Wißkirchen über die Sammlung von Getreide  für die Erwerbslosen durch den Volksschullehrer.

Die Arbeitslosigkeit, die mangelhafte Unter-
stützung der Erwerbslosen, nehmen auch hierorts
bedenkliche Formen an. Es hat sich eine Hilfs-
kommission gebildet, die die Ernährung der
Ortsbewohner in den kommenden Mona-
ten sichern soll. Der Kommisson habe ich mich
zur Verfügung gestellt, um namentlich
Brotfrucht bei den Landwirten durch freiwilli-
ge Abgaben zu erstehen. Etwa 25 Zentner Getreide sind
für das erste Mal gesammelt worden.

24. November 1923

Quelle: Stadtarchiv Euskirchen, Euskirchener Zeitung vom 24.11.1923

Aufruf an die Leser der Euskirchener Zeitung nach dem Ende des dreimonatigen Verbots durch die Besatzungstruppen: Sie sollen der Zeitung treu bleiben, damit sie in wirtschaftlich schwierigen Zeiten weiterhin erscheinen kann.

                                  An unsere Leser!
        Nachdem unsere Zeitung nach dreimonatigem
Verbot heute wieder als Nachrichtenbringerin zu
ihren Lesern kommt, geschieht dies in einer Zeit,
in der ein wirtschaftlicher Niedergang mit seinen
unheimlichen Folgen von nie gekanntem und nie
geahntem Umfang das deutsche Volk heimsucht.
Unsere am 1. Dezember d. Js. den 92. Jahrgang
beginnende alte Zeitung, hat ähnliche Drangsale noch
nicht erlebt. Es liegt nahe zu sagen: Wenn in
fast allen Betrieben unseres sonst so gewerbefleißigen
Kreises und besonders unserer industrie- und ver-
kehrsreichen Vaterstadt Euskirchen die Maschinen
nicht mehr rasseln, die Schlote nicht mehr rauchen,
dann kann oder muß auch der Zeitungsbetrieb
ruhen. Wir sind anderer Meinung. Das Dasein
einer Zeitung beruht nicht allein auf rein materieller
Grundlage, sie hat in weitem Maße der Allgemein-
heit zu dienen. Und wenn sie diese Pflicht gewissen-
haft erfüllen soll, dann bedarf sie auch der Unter-
stützung. Ganz gewiß wirkt die Tragik unserer
Tage besonders hemmend auf die Zeitung. Aber
in einer Zeit, in der sich das Schicksal des deutschen
Volkes erfüllt, große Teile des Volkes den Kampf
ums nackte Dasein führen, da will auch die Zeitung
auf ihrem Posten ausharren, so lange dies nur
irgend möglich ist. Deshalb hoffen wir, daß
die Leserschaft uns treu bleibt, denn nur
an ihr liegt es, wenn die Zeitung in der
großen Not dieser Zeitläufte erhalten
werden kann.

8. November 1923

Quelle: Stadtarchiv Euskirchen, Schulchronik Niederkastenholz, Bestand ON Nr. 1703

Bericht des Schulchronisten der Volksschule Niederkastenholz über die Preisveränderungen im Jahr 1923.

8. Nov.                                      Für Anheizen des Schulofens wurde dem Lehrer 1 Sack
                                                     Weizen bewilligt.
                                                     Um Brennmaterial zu sparen, wurde nur vormittags
                                                     Unterr. gehalten.

                                                     Das abgelaufene Jahr war für uns ein sehr unglückliches.
                                                     Die M wurde immer mehr entwertet. Der Dollar stand
                                                     am 2.1. = 7260 M und 31.12. = 4200 000 000 000 M. Die
                                                     Teuerung stieg ins unglaubliche, besonders im Okt. u. Novem-
                                                     ber. So kostete 1 Pf. Butter 6 – 8 Billion, 1 Brot 2 B., 1 Pf. Le-
                                                     der 10 B., 1 Pf. Speck 7 Billion. Jetzt sind die Preise
                                                     auf etwa 1/4 gesunken. Alles rechnet nun nach Goldmark,
                                                     d. h. 1 G. M = 4 Billion.

24. Oktober 1923

Quelle: Stadtarchiv Euskirchen, Euskirchener Volksblatt vom 24.10.1923

Bericht im Euskirchener Volksblatt über die Versetzung eines Privatdetektivs nach Euskirchen.

                                     Euskirchen und Umgebung.
                                                           Euskirchen, 24. Oktober 1923.
Wie man in Euskirchen die Rheinische
Republik ausruft!
Heute Morgen erschien beim Beigeordneten-Kollegium
auf dem Rathause Herr Privatdetektiv Müller aus
Euskirchen und überreichte ein Schreiben wonach ihm
hier in Euskirchen die Gewalt übertragen worden sei.
Herr Müller entfernte sich darauf wieder. Die Arbeit auf
dem Rathause geht ihren gewöhnlichen Gang. Herr
Müller besuchte in derselben Angelegenheit das Landrats-
amt und die Post.

23. Oktober 1923

Quelle: Stadtarchiv Euskirchen, Euskirchener Volksblatt vom 23.10.1923

Bericht über einen Personalwechsel in der Redaktion des Euskirchener Volksblattes.

                            Euskirchen und Umgebung.
                                                    Euskirchen, 23. Oktober 1923.
Redaktionswechsel im Euskirchener Volksblatt
         Herr Redakteur Boehmer ist am 5. Oktober 1923
aus der Redaktion des Euskirchener Volksblattes aus-
geschieden, nachdem er fast drei Jahre die Schriftleitung
des Volksblattes mit Umsicht geführt hat. Wie soviele,
ist auch Herr Redakteur Boehmer ein Opfer der Zeitver-
hältnisse geworden. So wurde er vor einiger Zeit vom
französischen Polizeigericht in Bonn zu 15 Tagen Ge-
fängnis verurteilt. – An Stelle des Herrn Boehmer wird
Herr Joseph Odenbach die Redaktion übernehmen. Die
Geschäftsleitung bleibt wie bisher, unter der Führung des
Herrn W. Raths. Redaktion und Verlag werden auch
für die Folge bemüht sein, in kollegialem Zusammenar-
beiten, den bewährten Kurs des Euskirchener Volksblattes
weiter zu führen.