Quelle: Stadtarchiv Troisdorf, A 2408 „Protokollbuch Gemeinderat Troisdorf” 1919-1926, S. 309-312
Der Gemeinderat von Troisdorf berät und beschließt über einen Ersatz für den Beigeordneten Mannstaedt, die Neuernennung eines Bürgermeistervertreters und die Finanzlage der Gemeinde. Der vorgeschlagene Vertreter wird wegen zu jungen Alters und zu geringer Vorbildung abgelehnt. Es sollen Kredite i. H. von 220 Billiarden Mark aufgenommen werden, um die Versorgung mit Kartoffeln und Brennmaterial sowie die Durchführung von Notstandsmaßnahmen zu finanzieren.
Verhandelt,
Troisdorf, den 28. Nov. 1923.
Anwesend
Beigeordneter
Dr. Schönen
und die Mitglieder:
Birkhausen
Friedrich
Flörken
Georg
Hagen
Kutzner
Huber
Hamacher
Müller Frz
Müller Jos.
Mannstaedt
Schagen
Schneider
Schlimgen
Schüthuth
Dr. Trier.
Schüller.
Auf vorherige ordnungsmäßige Einladung
hatte sich heute der Gemeinderat von Trois-
dorf zu in der Anzahl von 17 Mitglieder
wie solche nebenstehend genannt sind, im
Rathaussaale versammelt, um über
folgende Punkte zu beraten und Be-
schluß zu fassen:
1) Vorschlag eines Beigeordneten an
Stelle des Herrn Beigeordneten
Dr. ing. Mannstaedt, dessen Amts-
zeit abgelaufen ist.
2) Stellungnahme zu dem neuernann-
ten Bürgermeisterei-Verwalter
3) Besprechung über die Finanzlage
der Gemeinde.
4) Festsetzung der Umlagen auf die
Grund- Gebäude- Gewerbe- und
Betriebssteuer für das III. und IV
Quartal des Rechnungsjahres
1923.
5) Erstattung eines Fehlbetrages.
6) Mitteilungen.
Die Sitzung ist eine geheime. Nachdem
der den Vorsitz führende Beigeordnete Dr.
Schönen die Sitzung eröffnet hatte,
wurde beraten und beschlossen wie
folgt:
Zu 1-2
Von dem Vorschlage zur Ernennung eines
weiteren Beigeordneten wird Abstand
genommen, da Herr Dr. Mannstaedt
sich bereit erklärte, das Amt
weiter zu behalten. Der Gemeinderat
sprach dem Herrn Beigeordneten Mannstädt
und dem Herrn Beigeordneten Hagen für
seine ihre bisherige Tätigkeit den Dank
aus.
Der Gemeinderat beschließt einstimmig die Be-
satzungsbehörde zu bitten, daß dem Bürger-
meister Klev die Genehmigung zur Rückkehr
nach Troisdorf erteilt wird, um die
Dienstgeschäfte wieder aufzunehmen. Bei
den heutigen schwierigen Verhältnissen
ist die Rückkehr im Interesse der gesammten
Bürgerschaft von Troisdorf notwendig.
Mit der Ernennung des Gmnderentmeisters Röger
aus Engelskirchen zum Bürgermeisterver-
treter erklärt sich der Gemeinderat nicht
einverstanden, da für Troisdorf die
Bestellung eines älteren Herren
mit weiterer Vorbildung erforderlich
ist.
Der Beigeordnete wird beauftragt, bei
der Regierung zwecks Bestellung
eines anderen Bürgermeister-Vertreters
vorstellig zu werden. Es soll darauf
gedrungen werden, daß ein älterer
Herr mit juristischer Vorbildung als
Bürgermeistervertreters bestellt wird.
Sollte es der Regierung an einer
geeigneten Persönlichkeit, die zur
Übernahme der Bürgermeister-Vertre-
tung geeignet und bereit ist, fehlen,
so soll versucht werden, durch Aus-
schreibung in Fachblättern pp. einen
geeigneten Herren ausfindig zu
machen, um diesen dann evtl.
der Regierung zur Genehmigung
als Bürgermeisterstellvertreter zu prä-
sentieren. Zu 3.
Zu 3.
a) Der Gemeinderat nahm Kenntnis von der
gegenwärtigen Finanzlage der Gemeinde,
ebenso von dem heutigen Stande der
Es soll darauf Be-
dacht genommen werden, daß außer
den verladenen 5 Waggon Kartoffeln
noch weitere 2 Waggon beschafft werden.
Hiervon soll ein Teil eingemietet
werden und ein Teil zur Versorgung
der Volksküche zur Verfügung gestellt
werden, damit soll der Kartoffelan-
kauf vor dem Winter vorläufig ein-
gestellt werden.
Der Beigeordnete gab Kenntnis z von
den getätigten M Lebensmittelan-
käufen; Gemeinderat erklärte sich
damit einverstanden.
b) Der Gemeinderat erklärt sich mit der
Inanspruchnahme eines Credits von
20 Billiarden unter den in dem
Schreiben vom 13. Nov. 1923 genann-
ten Bedingungen von der Landes-
bank Cöln einverstanden.
c) Der Gemeinderat beschließt in Zukunft
die Hausbrandversorgung der weni-
gergut bemittelten Bevölkerung
durch die Gemeinde weiter durch-
zuführen. Gewerbetreibenden sollen,
soweit wie möglich, an die Händler
verwiesen werden.
d.) Der Dringlichkeitsantrag des Erwerbs-
losenrates auf Belieferung von Brand,
wird einstimmig abgelehnt; den
Erwerbslosen ist es, wie anderen be-
dürftigen Personen möglich, den Haus-
brand bei der Gemeinde zu dem
Selbstkostenpreise zu beschaffen.
e) Gemeinderat ist damit einverstanden, einen
Credit von bis zu 200 Billiarden zur Durch-
führung größerer Notstandsmaßnahmen
in Anspruch zu nehmen.
Von dem Credit kann eine Summe bis zu 30
Billiarden der Metzgerinnung zur Beschaffung
von Fett und Vieh gewährt werden. Die
Bedingungen, unter denen der Credit an
die Metzgerinnung gewährt wird, sollen
durch die Verwaltung gestellt werden.
f) Bezüglich der Milchbelieferung und des
Milchhändlers Wilhelms durch Gebr. Schneider
in Groß-Auel und die Bezahlung der
Milch durch Klein wird die Verwaltung be-
auftragt das Weitere unter Hinzuziehung
eines Sachverständigen zu veranlassen.
Zu 4
Die Festsetzung der Steuerumlagen wird
bis zur nächsten Sitzung des Gemeinderates
vertagt.
Zu 5.
Der Antrag der Gemeindekasse um Erstattung
eines Fehlbetrages von 500 Milliarden wird
genehmigt.
Es wird beschlossen den Gemeindewald für die Abgabe von Holz zu
sperren.
v. g. u.
Kutzner Schüthuth Georg Mannstaedt
Hagen Schneider. Dr Schönen.
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Stadtarchiv Troisdorf (28. November 2023). 28. November 1923. 1923: Alltag in der Krise. Abgerufen am 2. November 2024 von https://doi.org/10.58079/ag8n