Quelle: Stadtarchiv Troisdorf, B 3017 „Protokollbuch Gemeinderat Bergheim-Müllekoven“ 1897-1927, S. 254-256
Der Gemeinderat von Bergheim und Müllekoven beschließt angesichts der Geldentwertung einen Nachtragsetat für das laufende Jahr sowie die Anpassung von Steuern und Gebühren. Ein Entschädigungsantrag eines Lehrers wird abgelehnt.
Verhandelt
Bergheim, den 29. Oktober 1923
Gemeinderat besteht
aus 13 Mitgliedern
Anwesend unter dem
Vorsitze des Vorstehers Beigeordneten
Mertens Esser die Mit-
glieder: Vorsteher
Mertens, Mertens-
Krings, Schütz,
H[au]ptlehrer Gronewald,
Grommes,
L. Mertens, Pohl-
scheidt, Büttgen,
Flory,
Auf vorherige ordnungsmäßige Einladung mit
der Tagesordnung:
1. Anpassung der Zuschläge zur Grund- Gebäude-
Gewerbe- und Betriebssteuer an die Geldent-
wertung und Erhöhung der Hundesteuer
2. Beschaffung von Ziegenböcken, und Festsetzung
der Bockhaltungsgebühren.
3. Beschaffung von Kohlen für die Schulen.
4. Festsetzung der Reinigungsgebühren für die
Schulen.
5. Entlohnung der Gemeindearbeiter.
6. Erhöhung der Lustbarkeitssteuern
7. Erhöhung der Friedhofgebühren.
8. Erhöhung der Pacht von Gemeindegrundstücken.
9. Deckung des Vorschußes vom Jahre 1922 in
Höhe von 645 845 15 M[ark].
10. Geschäftliche Mitteillungen.
versammelte sich heute der Gemeinderat der Gemeinde
Bergheim-Müllekoven in nebengenannten Mitgliedern
also in beschlußfähiger Anzahl, und beschloß was folgt:
Zu 1 Der Haushaltungsplan für das Jahr 1923 ist infolge der
Geldentwertung überholt. Der Nachtragsetat wird durchberaten
und in Einnahme und Ausgabe balanzierend, zum Betrage
von 40 Billionen 285 Milliarden M[ar]k festgesetzt.
Ferner wird beschlossen, daß die einzelnen Positionen innerhalb
eines Titels gegenseitig übertragbar sind, d. h. eine Etatsüber-
schreitung tritt erst dann ein, wenn die Gesamtsumme
des Titels überschritten wird. Es wird nun beschlossen an
Gemeindezuschlägen im Rechnungsjahre 1923 zu erheben, und zwar auf:
a) Grund und Gebäudesteuer 1.00.000.000. Milliarden %
b) Gewerbesteuer mit einem Prinzipalsatze bis fünftausend
Mark 5.000.000 000 Millionen %.
c) Gewerbesteuer mit einem Prinzipalsatz über fünftausend
Mark 10.000.000.000 %
d) Betriebssteuer 5.000.000.000 Millionen %
e) für den ersten Hund, 3 Milliarden, für den zweiten
50 und für jeden weiteren Hund 200 Milliarden Mark.
Zu 2) Die Beschaffung von Ziegenböcken wird mit Rücksicht
auf die vorgeschrittene Zeit für dieses Jahr nochmals vertagt.
Zu 3) Die Kohlenbeschaffung wird durch den Nachtragsetat
geregelt.
Zu 4) Die Schulreinigungsgebühren werden berechnet wie
folgt: Als Arbeitszeit wird angenommen pro Saal und
Tag ½ Stunde; die Vergütung wird festgesetzt auf 80 % der
chemischen Tarifs für Arbeiterinnen.
Zu 5) Mit Rücksicht auf die finanziellen Schwierigkeiten
kann z. Zt. ein Gemeindearbeiter nicht beschäftigt werden.
Für dringende Fälle soll der Gemeindevorsteher die Arbeiten
ausführen lassen, und die Entlohnung vereinbaren.
Zu 6) Die unter dem 28.11.1921 genehmigte Vergnügungssteuer-
ordnung wird ergänzt und die Pauschalsätze in Festmark
Goldmark festgesetzt.
Zu 7.) Der Totengräber erhält für Anfertigung eines
Grabes für einen Erwachsenen 15.000.000.000. Mark und
eines Kindes 10.000.000.000. Mark
Zu 8.) Die Pacht von Gemeindegrundstücken wird von diesem
Jahre auf Weizenpreis berechnet und zwar für 25 ar
ein Sack Weizen, zahlbar am Martini eines jeden
Jahres nach dem Kölner-Börsenpreise an diesem Tage.
Zu 8. Eine beschluß-
fähige Kommission,
bestehend aus
den Herren Vor-
steher Mertens,
Engels, Klein
8. An Pacht sollen
pro 1923 das
100 Million fache
der letzten Ver-
pachtungssätze
erhoben werden.
Zu 9) Der Vorschuß vom Jahre 1922 in Höhe von 645 845, 15 M[ar]k
wird auf das neue Jahr vorgetragen.
Zu 10) Die Verwaltung gibt Auskunft von der Entscheidung
der Regierung, wonach diese die Genehmigung zu der Um-
wandlung der Lehrerinstelle in eine Lehrerstelle an der
Volksschule in Müllecoven genehmigt hat, jedoch erst von dem
Zeitpunkt ab, indem die Versetzung der Lehrerin Krechel
in eine andere Lehrstelle ermöglicht werden kann.
Außerhalb der Tagesordnung wird ohne Widerspruch zur
Beratung gestellt: Antrag des H[au]ptlehrers Gronewald
auf Entschädigung für seinen Garten, welcher aus Anlaß
der Errichtung der Abortgebäude beschädigt wurde.
Dem Antragsteller ist mitzuteilen, daß infolge der
geringfügigen Pacht für den Garten ein Fall zur
Gewährung einer Entschädigung nicht gegeben ist.
v. g. u.
Johann Engels
Jos. Flory.
Büttgen
g. w. o.
Der Bürgermeister.
I.V.
Esser.
I. Beigeordneter.
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Stadtarchiv Troisdorf (29. Oktober 2023). 29. Oktober 1923. 1923: Alltag in der Krise. Abgerufen am 2. November 2024 von https://doi.org/10.58079/ag3m