8. Dezember 1923

Quelle: Stadtarchiv Solingen, Bergische Arbeiterstimme 8. Dezember 1923

Ein Notruf an die Staats- und Reichsbehörden: Die Stadt Höhscheid steht wegen der immensen Erwerblosenversorgung vor dem finanziellen Ruin und fordert deshalb geeignete Maßnahmen.

                                        Höhscheid
                             Mit der Erwerbslosenfrage
sowie mehreren anderen Vorlagen werden sich die Stadtverordneten
Höhscheids am kommenden Dienstag abend 6½ Uhr beschäftigen.
Der erste und wichtigste Punkt der Tagesordnung lautet wie folgt:
                             Erwerbslosenunterstützung.
   Zufolge Antrages der Erwerbslosen und Kurzarbeiter schlagen
der Fürsorge-, der Verwaltungs- und der Finanzausschuß durch ge-
meinsamen Beschluß vom 5. November 1923 der Stadtverordneten-
versammlung die Annahme folgender Entschließung vor:
      „Die Erwerbslosen und die Kurzarbeiter können von den durch
   die Staatsbehörden bisher festgesetzten Unterstützungssätzen den Unter-
   halt für sich und ihre Familienangehörigen nicht bestreiten, so daß
   das städtische Wohlfahrtsamt gezwungen war, fast ausschließlich
   neben den festgesetzten Beträgen noch Unterstützung aus Wohlfahrts-
   mitteln zu gewähren, wodurch die ohnehin finanziell schwer belastete
   Gemeinde dem vollständigen Ruin entgegengeführt wird. Von den
   übergeordneten Behörden muß erwartet werden, daß die Erwerbs-
   losenunterstützungssätze für die Folge auf eine der fortgeschrittenen
   und noch fortschreitenden Teuerung entsprechende Höhe gebracht
   werden, da das Verhältnis zwischen den Unterstützungssätzen einer-
   seits und der Bedürftigkeit anderseits bei fast sämtlichen Familien
   sowie auch für die Gemeinde katastrophal zu werden droht.
      Es wird nicht, verkannt, daß die Erwerbslosigkeit das Reich
   schwer belastet und für dieses zum Ruin führen muß. Jedoch sieht
   sich die Stadtverordnetenversammlung genötigt, den Staats- und
   Reichsbehörden vorzuschlagen, die Unterstützungssätze dem Existenz-
   minimum entsprechend anzupassen oder aber alles daran zu setzen, daß
   die Betriebe wieder geöffnet und die Erwerbslosen in die Lage ver-
   setzt werden, die notwendigen Unterhaltsmittel zu verdienen.“


OpenEdition schlägt Ihnen vor, diesen Beitrag wie folgt zu zitieren:
Stadtarchiv Solingen (8. Dezember 2023). 8. Dezember 1923. 1923: Alltag in der Krise. Abgerufen am 2. November 2024 von https://doi.org/10.58079/ag2k


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