Quelle: Stadtarchiv Solingen, Bergische Arbeiterstimme 7. Dezember 1923

KPD-Funktionär Karl Schmückle referierte auf einer Arbeitslosenversammlung in Höhscheid zur aktuellen politischen Lage

              Auf, zum Kampf für Freiheit, Arbeit und Brot!
   Am Dienstagabend tagte in Höhscheid im Lokale W[it]we König
eine große Arbeitslosenversammlung. Referent Gen[osse] Schmückle legte
in großen Zügen die Ereignisse der letzten fünf Jahre dar und zeigte
recht klar und deutlich, wo die Ursachen des heutigen großen Elends
des Proletariats und des Mittelstandes zu suchen sind. Getrieben von
der unersättlichen Profitgier des deutschen und französischen Unter-
nehmertums, marschiert der Hunger von Hütte zu Hütte, so sagte er,
und elend müssen die Arbeiter zugrunde gehen, wenn sie sich nicht noch
in allerletzten Stunden zusammenraffen und sich mit Todesverachtung
dem Zwingblock entgegenwerfen. Der Referent überzeugte die Ver-
sammelten davon, daß unsere Freiheit auf dem Spiele steht, daß das
Unternehmertum mit den raffiniertesten und brutalsten Mitteln arbeitet,um dem Volke den 8-Stundentag zu rauben und es wieder von mor-
gens früh bis abends spät an die Betriebe zu fesseln, damit die Ar-
beiter und Beamten ausgesaugt werden können bis zum Weißbluten
und sie keine Lust mehr verspüren nach Feierabend noch die von dem
Unternehmertum so sehr gehaßte Arbeiterzeitung zu lesen oder gar in
eine Arbeiterversammlung zu gehen, um ihre traurige Lage zu be-
sprechen. Noch fühlt die Bourgeoisie sich stark und hofft bestimmt dar-
auf, mit Hilfe der verräterischen reformistischen Gewerkschaftsführer das
deutsche Proletariat in Ketten zu legen, wie noch kein Volk zuvor. Die
Novemberrepublik ist gefallen, die Brückenköpfe Sachsen und Thüringen
sind besetzt und schon glauben die weißen Generäle den Sieg davon-
getragen zu haben durch das Verbot der KPD. Aber geirrt, Generäle!
Das deutsche Proletariat ist wohl verletzt, aber nicht im geringsten
geschlagen. Der Referent sprach mit Verachtung über das Treiben und
Gebaren der Führer der VSPD., welche mit jedem Tage, ja stündlich
durch ihren schändlichen Verrat das deutsche Volk immer tiefer und
tiefer ins Elend hinein führen. Klar und deutlich bewies er, daß die
ganzen reformistischen Gewerkschaften nicht mehr das sind, was sie sein
sollen, nämlich das Kampforgan der Arbeiter- und Beamtenschaft,
sondern daß die Herren sich selbst und auch das ganze deutsche Pro-
letariat in der schamlosesten Art und Weise an die deutsche und fran-
zösische Bourgeoisie verraten und verkauft haben, auf ewiges Verderben.
Doch diese „Führer“ werden schon bald erkennen müssen, daß das
deutsche Volk sich nicht ungestraft verraten läßt, was sich auch ganz
deutlich in der Diskussion zeigte. Aus den Reihen der Versam-
melten heraus wurde aufgefordert, sich zum letzten einheitlichen wuch-
tigen und entscheidenden Schlage zusammenzuschließen zum Kampfe für
Freiheit, Brot und Arbeit.
   Mit dem Rufe: „Es lebe die Revolution! Es lebe Räte-Deutsch-
land!“ schloß der Referent die gutbesuchte Versammlung.