Quelle: Stadtarchiv Solingen, Bergische Arbeiterstimme 6. November 1923

Bericht über eine Erwerbslosenversammlung in Höhscheid

                                  Die allgemeine Not
hatte am Freitag die Erwerbslosen von Höhscheid zu einer Ver-
sammlung in das Lokal König zusammengerufen. Das Lokal war
gefüllt bis auf den Hof. Nachdem die allgemeinen Tages-
fragen und die bedingten Anträge erledigt worden waren, nahm
Genosse Lüchem das Wort, um die Massen über die allgemeine
wirtschaftliche und politische Lage zu informieren. Seine Ausfüh-
rungen, die über eine Stunde dauerten, konnten in folgender Reso-
lution zusammengefaßt werden:
      „Die Not der mittleren und unteren Bevölkerungsschichten
   Deutschlands übersteigt alles bisher Dagewesene. Die Arbeiter-
   schaft und der Mittelstand gehen dem Abgrund entgehen. Der
   Staat, der immer nur ein Machtmittel der besitzenden Klasse war,
   steht heute offener denn je im Dienste der großkapitalistischen
   Kreise um Stinnes, Klöckner, Vögler usw. Dieser kapitalistische
   Staat Deutschland, der sich seit dem Kriege nur durch Verzweif-
   lungsmaßnahmen — gerichtet gegen Mittelstand und Proletariat
   — halten konnte, fällt langsam, aber sicher auseinander. Der
   Ruhrkampf brachte diesen Zerfall ins letzte Stadium.
      Jetzt hat das Proletariat sein Machtwort
zu sprechen. In seinen Händen liegt sein Schicksal, sowie das
Schicksal des Weltproletariats. Dieses erkennend, gelobt die
heutige Versammlung, alles zu tun, was die Stunde von ihr
verlangt.“