Quelle: Stadtarchiv Solingen, Bergische Arbeiterstimme 11. Oktober 1923
Solinger Gewerkschaften sowie die örtliche sozialdemokratische und kommunistische Partei rufen dazu auf „in dieser Stunde voll der furchtbaren Gefahren für das werktätige Volk alles Trennende zurückzustellen“ und den Mitteldeutschen Arbeiterblock und den Achtstundentag zu verteidigen.
An die werktätige Bevölkerung
des oberen Kreises Solingen!
Zum Generalsturm auf die Arbeiterklasse marschiert die
Reaktion geschlossen heran. Gestützt auf die monarchistischen
Reichswehroffiziere und auf die faszistischen Sturmtrupps der
Kahr und Hitler glaubt die Konterrevolution, die Arbeiter
endgültig niederschlagen zu können, um auf den Trümmern der
starken deutschen Arbeiterbewegung ihre Diktatur zu errichten.
Schon liegt die papierene Verfassung unter dem Tisch. Die
Arbeiterpresse ist verboten. Die Versammlungsfreiheit aufge‐
hoben. In der Republik herrschen die Faszistenführer und
monarchistischen Reichswehroffiziere diktatorisch über das
schaffende Volk. Unter dem furchtbaren Druck der Diktatur der
konterrevolutionären Heerführer soll die Arbeiterklasse wehrlos
der verstärkten Ausbeutung des Großkapitals ausgeliefert
werden.
Die Riesenlasten der Reparationen und die ungeheuren
Ruhrkriegskosten sollen den Werktätigen aufgebürdet werden,
damit die Großkapitalisten in Industrie, Handel und Land‐
wirtschaft weiter Riesenprofite einstecken können.
Der Zehnstundentag soll der Arbeiterschaft aufgezwungen
werden. Die Werktätigen sollen länger schwitzen bei Hunger‐
löhnen. Das Riesenheer der Arbeitslosen wächst täglich.
Eine Arbeitslosigkeit von ungeheurem Ausmaß droht als Folge
der verbrecherischen Wirtschaftssabotage und des Landesverrats
der Großkapitalisten.
Zehn Stunden Schwitzarbeit für die einen, Arbeitslosigkeit
für die anderen, Lohnabbau, Abbau der Unterstützung bei täg-
lich wachsender Teuerung, also Versklavung, Hunger, Sterben
und Verderben für alle Arbeiter ist das Schicksal, das dem
werktätigen Volke von der großkapitalistischen faszistischen Re‐
aktion zugedacht ist.
Das ist der Generalsturm der Kapitalsoffensive! Jetzt
steht das Proletariat an der Mauer. Jetzt gibt’s kein Zurück
mehr und kein Ausweichen. Jetzt muß sich das Proletariat
verteidigen, um nicht vom reaktionären Sturm erdrückt zu
werden. Zersplittert und unentschlossen, werden die Arbeiter
von ihren Todfeinden niedergeschlagen.
Kampfentschlossen und einig zur Verteidigung mit allen
Mitteln werden die Arbeiter die Reaktion besiegen. Seht nach
Mitteldeutschland! Dort stehen die Arbeiter, ob sozialdemo-
kratisch oder kommunistisch, Schulter an Schulter entschlossen
zum Kampf bereit gegen die Militär- und Faszisten-Diktatur
und gegen die Räuber des Achtstundentages.
Arbeiter und Angestellte! Mitteldeutschland, das rote
Herz, die Festung des deutschen Proletariats, muß gegen die
heranziehenden Banden der faszitischen Diktatur umwallt
werden von Millionen eiserner Proletarierfäuste.
Arbeiter und Angestellte! Wir fordern euch auf, in
dieser Stunde voll der furchtbaren Gefahren für das werk‐
tätige Volk alles Trennende zurückzustellen und euch zum
Kampf zu einigen
gegen das Großkapital und seine monarchistischen, fas‐
zistischen Sturmtruppen,
gegen die Durchbrechung und Aufhebung des Achtstunden‐
tages und
gegen die Wirtschaftssabotage der Unternehmer,
für das proletarische Kampfbündnis,
für die Verteidigung des Mitteldeutschen Arbeiterblocks.
Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund,
Ortsausschuß Solingen,
KPD.
VSPD.
Industriearbeiter-Verband,
„Afa“.
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Stadtarchiv Solingen (11. Oktober 2023). 11. Oktober 1923. 1923: Alltag in der Krise. Abgerufen am 12. Mai 2025 von https://doi.org/10.58079/afsj