Quelle: Stadtarchiv Solingen, Akte Wald W 3547, Schreiben 4. August 1923

Ruhrbesetzung: Warenlieferungen zwischen unbesetztem und besetztem Gebiet sind der Gefahr der Beschlagnahme durch die Besatzungsmacht ausgesetzt. Die Firma Herkules in Hannover-Limmer beklagt die Beschlagnahme von Gummiabsätzen und -sohlen bei einer geplanten Lieferung an Kunden in Wald und fordert von dem dortigen Besatzungsamt Ersatz für den Verlust.

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                         Herkules
Gummiwarenfabrik – Rud. Marx u[nd] Co. – Hannover/Limmer

 RM/L.                           Hannover-Limmer, den 4. August 1923.

           An das
                         Besatzungsamt
                                         Wald b[ei] Solingen.

       Wir haben im Ruhrgebiet hunderte von alten Kunden, welche
regelmässig ihren Bedarf bei uns decken. Als die Besatzung begann und die
Lieferungsmöglichkeiten von Tag zu Tag schwieriger wurden, wurden wir von
dem grössten Teil unserer Kunden geradezu um Lieferung bedrängt.
       Wir haben es als unsere vornehmste Pflicht betrachtet, gerade
in der jetzigen Lage unsere Kunden im Ruhrgebiet unter allen Umständen
mit Warenlieferung zu besorgen, zumal wir Artikel des täglichen Bedarfs,
nämlich Gummiabsätze und -sohlen fabrizieren. Da keine anderen Versand-
möglichkeiten mehr bestanden waren wir gezwungen, unsere Sendungen nach
Elberfeld zu leiten und von dort aus ins besetzte Gebiet schaffen zu
lassen.
       Wie dortseits inzwischen bekannt ist, wurden uns Ende Juni d[ieses] J[ahres]
7 Säcke von der fremdländischen Besatzung beschlagnahmt. Die von unserem
zuständigen Vertreter, Herrn Eugen Müller, Wald b[ei] Solingen, Charlottenstr.
sofort unternommenen Schritte zur Wiederbeschaffung der Ware waren er-
folglos. Wir wenden uns daher in unserer Not mit dem dringenden Ersuchen
an das Besatzungsamt, uns für den entstandenen Verlust zu entschädigen.
                                                                       b[itte] w[enden]

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       Dabei wiesen [sic!] wir höflichst darauf hin, dass es sich um
einen kleinen Abnehmer handelt, dessen Existenz ohnehin schon stark ge-
fährdet ist. Wir wenden uns deshalb mit dem Ersuchen um Begleichung unse-
rer Forderung an das Besatzungsamt, denn auf der anderen Seite steht bei
einem so gewaltigen Verlust auch unsere Existenz auf dem Spiel, zumal
unser Unternehmen noch sehr jung ist und wir einen solchen Schlag nicht
vertragen können.
       Die Lieferung ist seit dem 27.6. d[iese]s J[ahre]s unterwegs gewesen.
Die Rechnungen der Sendung war am 5. Juli bezw. am 7. Juli zahlbar,
denn unsere Zahlungs-Bedingungen lauten: Kasse innerhalb 7 Tagen, bei
Zielüberschreitung Berechnung der bankmässigen Verzugszinsen, ausserdem
sehen alle infolge Markentwertung entstandenen Schäden zu Lasten des
Käufers.
       Mit Rücksicht darauf, dass es sich um einen Ruhrkunden handelt,
haben wir nicht den Tagespreis in Rechnung vom 4. August gestellt, sondern
einen Vorzugspreis in Anrechnung gebracht. Auch haben wir von einer
Verzugszinsen-Belastung bis zum 4. Aug. Abstand genommen. Auf volle Aus-
zahlung unserer neuen Rechnungen vom 4. August, welche wir abschrift-
lich beifügen, müssen wir indessen bestehen, denn die angesetzten Preise
vom 4. August stellen nur die Hälfte des wirklichen Tagespreises dar.
       Es handelt sich um folgende Rechnungen:
   Rechng. Nr. 467, für Herrn Müller, Wald, M[ar]k 48 411 200.–
            “         ”    468    ”         “              “           “             ”         5 380 000.–
                                                                       insgesamt: Mk. 53 791 200.–