Quelle: Kreisarchiv Euskirchen, Unterhaltungsblatt und Anzeiger für den Kreis Schleiden und Umgegend (Amtliches Kreisblatt) vom 23. Juni 1923

Preistreiberei bei Erzeuger- und Marktpreisen

Vermischtes.
Schleiden, 21. Juni.         (Marktpreise in Er-
zeugergebieten.) In den großstädtischen Tages-
zeitungen der Bedarfsgebiete werden vielfach die
für die wichtigsten Lebensmittel gezahlten Durch-
schnittspreise als sogenannte „Marktpreise“ ver-
öffentlicht. Obwohl es keinem Zweifel unterliegen
kann, daß diese Preise höher sein müssen als in
den Erzeugergebieten, werden nach Bekanntwerden
dieselben Preise auch in den Erzeugergebieten viel-

fach gefordert und bezahlt. Die Folge davon ist
eine neue Erhöhung der sogenannten „Marktpreise“
zum mindesten um die Fracht und Handelskosten
aus dem Erzeugergebiet in die Stadt. Bildet der
neue erhöhte und wieder als Marktpreis veröffent-
lichte Preis wiederum den Grundpreis im Erzeuger-
gebiet, so müssen die Preise, ganz abgesehen von
der Geldentwertung auch durch solche Machen-
schaften von Woche zu Woche gleich einer Schraube
ohne Ende unaufhörlich anziehen. Auch in einem
solchen Treiben ist eine strafbare Preistreiberei zu
erblicken. Unter Berücksichtigung der Handlungs-
unkosten und Gewinne wird der Erzeugerpreis in
der Regel etwa 25 bis 30 v. H. unter dem notierten
„Marktpreis“ im Absatzgebiet liegen. Es macht
hierbei keinen Unterschied aus, ob der Erzeuger
den Preis fordert oder ob der Händler ihn an-
bietet und der Erzeuger ihn annimmt.