Quelle: Stadtarchiv Kleve, Clevischer Volksfreund 31.12.1923
Eine kurze Rückschau auf das alte Jahr gibt dieser Artikel in der Klever Tageszeitung.
Städtische Nachrichten
Clever Multiplikator 1 Billion.
Zur Jahreswende!
In der Stunde, da das alte und das neue Jahr
sich scheiden, werden auch gedankenlose Menschen be-
sinnlich und halten Rückschau auf das vergangene
Jahr. Und zugleich geht der Blick in die Zukunft,
und Hoffnungen werden wach, Wünsche werden laut
und Erwartungen, was das kommende Jahr bringen
werde, durchziehen die Stunden des Jahreswechsels.
Es ist gut, daß solche Stunden der Besinnung und
Prüfung uns geschenkt werden. Wir wollen ihnen
nicht aus dem Wege gehen. Was hat uns das ver-
gangene Jahr gebracht? Viel Not und Sorge und
Angst. Es war ein deutsches Notjahr. Zu aller Not
von außen her gesellte sich der Jammer, den deutsche
Volksgenossen ihrem Vaterland selbst bereitet durch
Selbstsucht, Habgier, Wucher, durch genießerischen
Lebenswandel und sittliche Verirrungen. Gewiß, wir
haben auch je und dann einen Lichtblick tun dürfen
in aller Dunkelheit. Aber immer wieder droht sich
die Not der Zeit wie Wolkenschatten vor diese
Sonne zu legen.
Und noch ein anderes Erinnern wird beim Jahres-
wechsel durch manches Haus gehen: Die Erinnerung
an einem Grabhügel, den wir im vergangenen Jahr
haben aufwerfen müssen. Es sind ja der Grabhügel
auf unseren Friedhöfen so viel mehr geworden im
vergangenen Jahre. Mit dieser Erinnerung mischt
sich auch noch der Gedanke an all die Verfehlungen,
die wir begangen haben.
Dennoch, wenn wir auch mit ganzem Ernst die
Not des Jahres an uns vorüberziehen lassen, so soll
der Dank davon doch nicht erstickt werden. Der Dank
dafür, daß wir trotz aller Not gerettet worden sind
und ein neues Jahr begrüßen dürfen. Dunkel liegts
vor uns, das Jahr 1924, im Nebel grau gehüllt, ein
unbekanntes Land. Unsicher tappen wir hinein, in
die Zukunft. Nein, nicht unsicher, wir brauchen nicht
ängstlich zu sein, wenn wir einen Führer haben, der
die Jahre in seiner Hand hält, und wir haben ihn.
Unsere Zeit liegt in den Händen dessen: „Der Wol-
ken, Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn.“
OpenEdition schlägt Ihnen vor, diesen Beitrag wie folgt zu zitieren:
Stadtarchiv Kleve (31. Dezember 2023). 31. Dezember 1923. 1923: Alltag in der Krise. Abgerufen am 14. Februar 2025 von https://doi.org/10.58079/vf6p