Quelle: Stadtarchiv Kleve, Clevischer Volksfreund 18.5.1923

Das fehlende Geld für die Gehälter der Geistlichen und andere Kirchenangelegenheiten versucht die katholische Kirche durch Kollekten einzunehmen und fordert von den Gläubigen Verständnis und Spenden.

Brennende Not! In der Ober- und
Unterstadtkirche findet, wie am vergangenen
Sonntag von den Kanzeln angesagt wurde,
an den Pfingsttagen in allen Gottesdiensten
eine Kollekte statt, deren Ertrag zur Be-
streitung der Kirchenbedürfnisse und zur Aus-
zahlung der Gehälter für die Geistlichkeit
und die Kirchenangestellten bestimmt ist. Bei
der ungeheuren Notlage, in der sich unsere
Kirchengemeinden befinden, müssen diese Kol-
lekten den Beweis erbringen, daß die Gläu-
bigen volles Verständnis für die trostlosen
augenblicklichen Verhältnisse haben.

Wenn darauf hingewiesen wird, daß die
Kirchensteuern zur Bestreitung dieser
Auslagen dienen müssen, so möchten wir dem
doch folgendes entgegenhalten. Die Voran-
schläge für 1923/24 bedürfen noch der Geneh-
migung der kirchlichen und staatlichen Behör-
den. Die angeforderten Mittel kommen für
die augenblicklich unbedingt notwendigen
und zum größten Teil bereits fälligen Zah-
lungen nicht mehr in Frage. Es muß also
unter allen Umständen für eine sofortige
Deckung gesorgt werden. Aus dem Ertrag
der bisherigen Kirchensteuer können diese
Ausgaben nicht bestritten werden. Bei der
Aufstellung der Voranschläge für 1922/23, die
bereits im April v[origen] J[ahres] auf Grund der Ver-
anlagung für 1921 aufgestellt wurden, konnte
die ungeheure Geldentwertung, die im Laufe
des letzten Halbjahres eingetreten ist, nicht
vorausgesehen werden. Die notwendigen
Zahlungen aber sind, so weit eben möglich,
aus Vorschüssen bestritten worden, die in die
Millionen gehen. Diese Beträge sind trotz
der erhobenen Nachsteuer und der darüber
hinaus freiwillig geleisteten Spenden noch
ungedeckt. Jeder Katholik, dessen Herz
noch warm für die Erhaltung unseres Glau-
bens schlägt, wird es als seine Ehrenpflicht
ansehen, zur Behebung der Geldschwierigkei-
ten sein Scherflein beizutragen. Besonders
sollte dies für jene gelten, die infolge der
fehlenden Unterlagen überhaupt nicht
oder zu gering zur Kirchensteuer veran-
lagt worden sind. Unsere Clever Gemeinden
werden es sich nicht nehmen lassen, in dieser
schweren Zeit die Erhaltung und Förderung
des Gottesdienstes mit allen Mitteln zu
stützen.