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Quelle: Stadtarchiv Düsseldorf, 0-1-12-10.0000

Auszug aus dem Gemeinderatsprotokoll von Benrath.

Der Gemeinderat besteht
aus 25 Mitgliedern.
Anwesend waren unter
Vorsitz des Bürgermeisters
Melies
die Mitglieder: […]

Verhandelt:
Benrath, den 15. Oktober 23
Unter dem Vorsitz
des Nebengenannten hatte
sich nach gesetzlicher Ein-
ladung heute der Ge-
meinderat von Benrath
versammelt, um über
nachfolgende Gegenstän-
de zu beraten und zu
beschließen.

Auf Einladung der
Gemeinde-Verwaltung
hatte sich unter dem
Vorsitze des Bürger-
meisters der Gemeinde-
rat von Benrath und
die Lebensmittelkom-
mission versammelt,
um mit der Interes-
sengemeinschaft der
vereinigten Arbeiter- u[nd]
Angestellten-Gewerkschaften
von Groß-Benrath, der
Edeka Großhandels-Ge-

nossenschaft, den Konsum-
Genossenschaften sowie
der Ortsbauernschaft etwa
zu treffende Notmaßnah-
men auf dem Gebiete
der Lebensmittelversor-
gung usw. zu besprechen.
Der Vorsitzende gab
kurz einen Ueberblick
über die augenblick-
liche Lage und verlas
die vorliegenden bei-
den Anträge der In-
teressengemeinschaft der
vereinigten Arbeiter-
und Angestellten-Ge-
werkschaften welche wört-
lich lauten:
I. Antrag (Gewerkschaften)
Die Gemeindeverwaltung
wolle angesichts der trost-
losen Lage, in die
breite Schichten der Bevöl-
kerung, vor allem aber
die Arbeitslosen und
nur teilweise beschäftig-
ten Arbeitnehmer geraten
sind, alles Menschenmög-
liche tun, um die Be-
völkerung mit den
notwendigsten Lebens-
mitteln, Kartoffeln, Brot
und Fett zu versorgen.
Die Verwaltung möge
ferner auf das Eifrigste
bemüht sein, die Brenn-

stoffversorgung durchzuführen.
Ferner bedarf die Milch-
versorgung sowohl hin-
sichtlich der Preisfrage
wie auch der Belieferung
und Verteilung der
größten Aufmerksamkeit
seitens der Behörde.
II. Antrag
(Gewerkschaften)
Von der Tatsache aus-
gehend, daß außergewöhn-
liche Zeiten außergewöhn-
liche Hilfsmaßnahmen
erheischen, beantragen wir:
1. Die Gemeindeverwaltung
möge für die Dauer der
Uebergangsperiode, d.h. bis
zum Eintritt normaler
Verhältnisse die Wiederin-
[be]triebnahme der Volks-
küchen veranlassen.
2. Schulspeisungen durchführen
und streng darauf achten,
daß hinsichtlich der Betei-
ligung lediglich die Be-
dürfnisfrage maßgebend
ist.
3. Den Ärmsten der Armen
bei Beschaffung der not-
wendigsten Winter-
kleidung, vor allem
Fußbekleidung hilfreich
zur Seite stehen.
4. Wärmehallen einrichten,
in denen während der

kalten Jahreszeit Obdachlose
und Inhaber von nicht
heizbaren Wohnungen
Unterkunft finden können.
Die Gemeindevertretung
möge für alle diese
Notmaßnahmen die erfor-
derlichen Mittel bereit-
stellen.
Nach eingehender Aus-
sprache beschließt Gemeinde-
rat:
1.) sich mit dem von der
Verwaltung vorgeschlagenen
Ankauf von Kartoffeln,
Fett usw. einverstanden
zu erklären und die Be-
schaffung und Verwen-
dung eines Kredits von
20 Billionen Mark gut-
zuheißen. Der Vorsitzende
wird ermächtigt, weitere
Kredite für die Lebens-
mittelversorgung zu be-
schaffen.
2.) nachdem die Ausgabe
von Brennstoffen an
Arme, Minderbemittelte,
Sozial- und Kleinrentner
und Kriegsbeschädigte usw.
in der Gemeinde in
diesem Jahre schon
durchgeführt ist, die Ver-
waltung zu beauftragen,
die Ortskohlenstelle mit
Anweisung zu versehen;

daß immer ein genü-
gender Vorrat an Brenn-
stoffen vorhanden ist, sowie
die Kohlenhändler zu er-
suchen, fortlaufend ausrei-
chende Mengen von Kohlen
usw. für den Kleinver-
kauf bereit zu halten.
3.) Die Milchhändler in
der Gemeinde mit Anwei-
sung zu versehen, nach
welchen Gesichtspunkten
die Milch zu verausga-
ben ist. Falls Händler
nicht nach dieser Anwei-
sung handeln, soll gegen
sie vorgegangen wer-
den.
Hinsichtlich der Preisbil-
dung soll bei der Re-
gierung in Düsseldorf
beantragt werden, den
Händlerverdienst zu ver-
ringern.
4.) Vier Volksküchen in der
Gemeinde einzurichten
und zu diesem Zwecke
die vorhandenen Kochschu-
len auszubauen. Wegen
eines Raumes für Ur-
denbach soll mit der
evangel[ischen] Gemeinde in
Verbindung getreten
werden.
Gleichzeitig wird der Vor-
sitzende ersucht, wegen

Inanspruchnahme von
Staatskrediten das Weitere
zu veranlassen.
5.) Die Einrichtung von
Schulspeisungen durch die
inzwischen aufgenommenen
Quäkerspeisungen vorläu-
fig als ausreichend
anzusehen.
Die Feststellungen über
die Notwendigkeit der
Schulspeisungen, auch
in den Bewahrschulen,
sollen wiederholt werden.
6.) Die Beschaffung von Klei-
dungsstücken für die
notleidende Bevölkerung
in die Wege zu leiten
und festzustellen, inwie-
weit Bedarf an Klei-
dungsstücken vorhanden
ist.
Ferner beschließt Ge-
meinderat die Ein-
richtung einer Schuhinstand-
setzungswerkstätte, in
der gegebenenfalls erwerbs-
lose Schuhmacher beschäftigt
werden sollen.
7.) Die Einrichtung von
Wärmehallen, wofür das
Vorzimmer des Falken-
berg’schen Saales in
Holthausen, ein größeres
Zimmer im Jugendheim
und die unteren Räume

des Hauses Rathaus-
straße 1 in Aussicht zu
nehmen sind.
8.) Den Vorsitzenden zu
ermächtigen, die zur
Durchführung der vor-
stehenden Beschlüsse erfor-
derlichen Kräfte einzu-
stellen.
9.) Die zur Ausführung
der Beschlüsse erforder-
lichen Mittel zu bewil-
ligen und die Deckung
der Mittel späterer Be-
schlußfassung vorzubehalten.
10.) Ferner beschließt Ge-
meinderat auf Antrag
der U.S.P.D. die Ge-
meindeverwaltung zu
beauftragen, bei den
maßgebenden Regierungs-
stellen mit aller
Energie die Loslösung
von der wirtschaftlichen
Außenstelle Köln mit
rückwirkender Kraft
vom 26.9.1923 ab und
demgemäß den An-
schluß an die Stadt
Düsseldorf bezw. an die
wirtschaftliche Außen-
stelle in Hamm i[n] W[estfalen]
in die Wege zu leiten.
Der Differenzbetrag in
der Erwerbslosenunter-
stützung zwischen Düsseldorf
und Benrath ist mit
aufgewertetem Gelde von
der Regierung zu verlan-
gen.
11.) Dem Antrage der U.S.
P.D., die Lebensmittel-
Bekanntmachungen auch
der Volkszeitung, der
Freiheit und dem Auf-
wärts frühzeitig zur
unentgeltlichen Veröf-
fentlichung zuzustellen,
stattzugeben.
Falls eine rechtzeitige
Veröffentlichung nicht
mehr möglich ist, sollen
die Bekanntmachungen
in den Fenstern der
Lebensmittelgeschäfte zum
Aushang kommen.
Der Vorsitzende teilte
mit, daß ihm nachstehende
Resolution zugegangen
ist.
„Resolution!
Die heute am 11. d[iese]s M[ona]ts
tagende Versammlung
der Erwerbslosen und
Notstandsarbeiter fordern
in Anbetracht der un-
haltbaren Verhältnisse
von der Gemeinde:
1. Beschaffung von Ar-
beitsmöglichkeiten ge-
gen Bezahlung tarif-
licher Löhne oder rest-

lose Unterstützung aller
Erwerbslosen in der Höhe
des jeweiligen Einkom-
mens eines in Arbeit
stehenden Arbeiters, zumin-
destens Beschaffung von
verbilligter Nahrung,
Kleidung, Heizung
und Beleuchtung.
2.) Streichung aller bis
jetzt bezahlten Vorschüsse.
3.) Anerkennung des Er-
werbslosensrates und Er-
mächtigung desselben
an allen diesbezüg-
lichen Verhandlungen
teilzunehmen.
4. Sofortige Auszahlung
einer Wirtschaftsbeihilfe
in Höhe der in Düssel-
dorf zur Auszahlung
gelangenden Wirt-
schaftsbeihilfe.“
Gemeinderat beschließt:
12. Die Verwaltung zu
beauftragen, sofort Mittel
zur Ausführung von
Notstandsarbeiten zu be-
antragen und die von
der Verwaltung in
Aussicht genommenen
Arbeiten auszuführen,
insbesondere die Straßen,
die in letzter Zeit kana-
lisiert wurden (u.a.
Eichelstraße und verlängerte

Feldstraße) instandzusetzen.
Außerdem wurde die
Instandsetzung der Bücher-
und Gänsestraße beantragt.
13. Die Einziehung der
gezahlten Vorschüsse bis
auf weiteres zurückzu-
stellen.
14. Den Erwerbslosenrat
durch die inzwischen
erfolgte Aufnahme in
die Interessengemein-
schaft der vereinigten
Arbeiter- und Angestellten-
Gewerkschaften von
Groß-Benrath als ge-
nügend vertreten zu
betrachten.
15.) Die Beschlußfassung
über die sofortige Aus-
zahlung einer Wirt-
schaftsbeihilfe vorläufig
auszusetzen.
G. g. u.
[Vier Unterschriften]