Quelle: Stadtarchiv Solingen, Akte Solingen S 2028, Protokoll 20. April 1923
Die ständige Teuerung macht eine regelmäßige Anpassung der Unterstützungen für Bedürftige erforderlich. Die Vertreter der Städte im Industriebezirk Solingen bemühen sich um eine einheitliche Vorgehensweise.
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Betr[effend] Einheitliche Armenpflege in den Städten des oberen Kreises Solingen.
Anwesend:
für Solingen
Beigeordneter Schaal als Vorsitzender,
Oberstadtsekr[etär] Fink als Schriftführer,
Arnz,
für Gräfrath
Oberstadtsekretär Krudup,
für Höhscheid
Oberstadtsekretär Jentsch,
Frau Stader, Allendorf und Geffgen,
für Ohligs
Stadtsekretär Esser,
Reuber,
für Wald
Oberstadtsekretär Freese.
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Tagesordnung:
Einstellung der Mietunterstützung und Erhö-
hung der Barspende.
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Niederschrift
der Verhandlungen des Ausschusses am 20. April
im Stadthaus zu Solingen.
1. Seit 1/2 Jahre [sic!] ändern sich aufgrund des Reichs-
mietengesetzes die Mietsätze allmonatlich.
Folglich ändert sich auch die Mietunterstüt-
zung. Sie muß in jedem Unterstützungsfalle all- monatlich festgestellt werden. Damit haben die
Unterstützungsämter eine viel Zeit inanspruch-
nehmende Arbeit übernommen, welche zu den Auf-
gaben der Mieteinigungsämter gehört. Grund-
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sätzlich muß aber daran festgehalten werden, daß jede Dienststelle ihre übertragenen
Aufgaben allein erledigt.
In bezug auf die Höhe der Miet- und Unterstützungssätze sind im vergangenen Monat
große Unterschiede festgestellt worden, welche darauf zurückzuführen sind, daß die Ver-
mieter entweder auf die gesetzlichen Zuschläge verzichten oder erst später anfordern.
Der Höchstsatz beträgt z. B. in Solingen 1660 M[ark], in Wald 3000 M monatlich.
Durchschnitt-
lich werden jedoch geringere Sätze verlangt. Immerhin ist anzunehmen, daß bei weiterer
Steigerung der Miete in naher Zukunft ein monatlicher Durchschnittssatz von 3000 M er-
reicht wird. Um diesen Betrag müßte bei Fortfall der Mietunterstützung die Spende er-
höht werden.
Nach Erwägung aller Umstände beschließt der Ausschuß, den örtlichen Sonderaus-
schüssen vorzuschlagen, die Mietunterstützung vom 1. April 1923 einzustellen und die
Barspende für eine alleinstehende Person oder das Familienhaupt um 3000 M monatlich
heraufzusetzen. Unzuträglichkeiten, die zum Schaden der Vermieter eintreten und zur
Räumungsklage führen können, sind nicht zu befürchten, da nach den Erfahrungen, nament-
lich in Höhscheid, wo seit einiger Zeit keine besondere Mietunterstützung gewährt wird,
die Unterstützungs-Empfänger durchweg ihren Verpflichtungen nachkommen. Im entgegenge-
setzten Falle besteht jederzeit die Möglichkeit, die Miete von der Spende einzubehal-
ten und an den Vermieter direkt zu zahlen.
2. Bei Besprechung der Haushaltspläne für das Rechnungsjahr 1923 ergibt sich eine der
Teuerung entsprechende Steigerung der Ausgaben. Um einen Vergleich der Aufwendungen
für jeden Einwohner der Bevölkerung in den Mitgliedstädten im Rechnungsjahre 1922 zu
ermöglichen, sollen die Rechnungsabschlüsse in der nächsten Versammlung vorgelegt
werden.
3. Die Vertreter von Höhscheid teilen mit, daß der Wohlfahrtsausschuß und die Stadtver-
ordneten-Versammlung an den neuen Unterstützungsgrundsätzen festhalten. Sie übergeben
eine Zusammenstellung der Unterstützungssätze für den laufenden Monat. Hiernach stellt
sich die Barspende bedeutend höher als in den Nachbarstädten. Hier wird jedoch zum Aus-
gleich seitens der Lebensmittelämter regelmäßig Fleisch und andere Lebensmittel weit
unter den Kleinhandelspreisen an die Unterstützungs-Empfänger abgegeben. Da Höhscheid
solche Vergünstigungen nicht gewähren kann, ist eine höhere Barspende gerechtfertigt.
Die vollen Sätze werden übrigens in den meisten Fällen nicht gewährt. Sie bieten nur
einen allgemeinen Anhalt für das Maß der Unterstützung, die in jedem Falle nach dem
Grad der Bedürftigkeit festgesetzt wird.
Schaal
Beigeordneter.
1. Abschrift den Unterstützungsämtern zu Gräfrath, Höhscheid, Ohligs und Wald zur
gefl[issentlichen] Kenntnisnahme übersandt.
2. Z[u] d[en] A[kten]
S[olingen], 21/4. 23.
In Vertretung
Der Beigeordnete:
Schaal
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Stadtarchiv Solingen: RK (20. April 2023). 20. April 1923. 1923: Alltag in der Krise. Abgerufen am 25. Mai 2025 von https://doi.org/10.58079/aez6