Quelle: Stadtarchiv Solingen, Bergische Arbeiterstimme 25. Juli 1923
Im Anschluss an die kommunistische Jugend-Kundgebung auf Solingens Neumarkt kommt es bei der Demonstration durch die Stadt zu einem kleinen Scharmützel mit rechtsradikalen Elementen.
Wuchtige Demonstration der
Solinger Jungarbeiterschaft.
Provokationen der Faszisten.
Die gestern abend von der Kommunistischen Jugend auf
den Neumarkt einberufene Demonstrationsversammlung gegen
Faszismus und Separatismus gestaltete sich zu einer eindrucks‐
vollen Kundgebung gegen die auch in Solingen immer frecher
auftretenden Faszistenhorden.
In geschlossenen Gruppen rückten die Jugendlichen um
8 Uhr auf den Platz, der bald dicht gefüllt war, darunter
zahlreiche erwachsene Arbeiter und Kleinbürger. Nach kurzen
Begrüßungsworten führte ein junger Genosse in einer An‐
sprache den Anwesenden die große Gefahr vor Augen, in der
die Arbeiterschaft heute schwebt.
Gegenüber den zur offenen Niederschlagung der Arbeiter
rüstenden Faszisten muß schleunigst die einheitliche Abwehr
der Arbeiter aller Richtungen organisiert werden. Die Klein‐
bürger sollen durch die faszistische Agitation zum Werkzeug
der Großkapitalisten gemacht werden zur Niederschlagung der
Arbeiter, um nachher von dem Unternehmertum genau so
ausgepreßt zu werden, wie es heute mit den Arbeitern
geschieht.
Die Vorgänge nicht nur beim Münchener Turnfest, sondern
in nächster Nähe von Solingen, wo die Jungdo-, Stahlhelm‐
und Bismarckbündler militärische Uebungen abhalten, zwingt
auch die Solinger Arbeiterschaft zu höchster Alarm‐
bereitschaft. Unter lebhaftem Beifall schloß der Genosse
seine begeisternden Ausführungen.
Nach einem anfeuernden Mahnwort eines Parteigenossen
an die Arbeiterschaft, fest und unerschütterlich die Einheitsfront
zu halten, und einem Hoch auf die proletarische Revolution
formierte sich unter dem Gesang der Internationale der
Demonstrationszug durch die Stadt.
Durch eine freche Provokation von faszistischen
Elementen kam es leider an der Kronenstraße zu einem Zu-
sammenstoß. Bis dahin war der Zug in vollster Ordnung
und Disziplin marschiert, als vor dem Bürgerheim etliche
Burschen mit faszistischen Abzeichen abfällige Aeußerungen
machten, worauf die Arbeiter reagierten. Die bürgerlichen
Lümmel flüchteten in das Lokal und setzten von den Fenstern
und dem Hausflur aus ihre Provokationen fort. Als dann
aus den oberen Räumen Biergläser und andere gefährliche
Gegenstände geworfen wurden, drängten einige Demonstranten
dem Hausflur zu, um die Angriffe abzuwehren. Bei diesem
provozierten Ueberfall der Faszisten klirrten einige Fenster‐
scheiben, auch trugen einige Leute leichtere Verletzungen davon.
Aus diesem zwar geringfügigen Vorfall aber möge die
Arbeiterschaft ersehen, daß sie stets auf der Hut zu sein hat
gegen das Faszistengesindel.
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Stadtarchiv Solingen (25. Juli 2023). 25. Juli 1923. 1923: Alltag in der Krise. Abgerufen am 9. Februar 2025 von https://doi.org/10.58079/aex1