Quelle: Stadtarchiv Troisdorf, Pressesammlung: Siegburger Kreisblatt vom 3. März 1923
Es wird von zurückgehaltenen Waren, von Unfällen und von Festnahmen einiger Eisenbahnmitarbeiter durch Franzosen berichtet.
Wtb. Köln, 1. März. Zur Betriebslage wird
gemeldet: Vom Bahnhof Siegburg sind bei der
Vorführung in Hennef an der Sieg von 24 Wagen
Umzugsgut nur zwei Wagen durchgelassen worden.
Ebenso wurde die Durchfahrt von sechs Wagen Wei-
zen für Oesterreich vom Bahnhof Troisdorf und
40 Wagen Kohle für die Schweiz verweigert. Die
Bahnhöfe Engers, Neuwied, Rhöndorf und die zwi-
schen Troisdorf und Wahn liegenden Bahnhöfen
sind von französischen Truppen besetzt worden. Der
Zugverkehr nach Ehrenbreitstein ist unterbrochen. Die
Züge fahren nur noch bis Porz-Urbach. Was jenseits
dieses Bahnhofs geschieht, ist unbekannt. In den
letzten Tagen haben sich wieder verschiedene Un-
fälle ereignet. So wurde am Bahnübergang Schüt-
zenhof bei Koblenz ein Lastautomobil von einem von
Franzosen gefahrenen Personenzug überfahren. Der
Kraftwagenführer und sein Begleiter wurden schwer
verletzt. Bei Block Königsbach fuhr ein Personenzug
auf einen im Nebengeleise stehenden Leerzug. Der
.Sachschade ist bedeutend. Die Lokomotive und 13
Wagen sind zertrümmert. In Koblenz-Hauptbahn-
Hof entgleiste ein Packwagen mit beiden Achsen. Am
24. Februar wurden auf dem Bahnhof Weißenthurm
von französischen Kolonialsoldaten fünf Handgran-
ten auf die Ladestraße geworfen. Verhaftet wor-
den sind Eisenbahn-Ingenieur Steffen in Krefeld
Linn und Eisenbahnarbeiter Siemens, Rheydt. Sie
wurden in Militärgefängnis Krefeld gebracht. In
Bonn wurden Eisenbahninspektor Littinger, die Eisen-
bahnsekretäre Feuser, Kohl, Reinhard und Klaus
und der Amtsgehilfe Rau verhaftet. Der Oberbahn-
hofsvorsteher Dazert in Sechtem erhielt den Be-
fehl seine Dienstwohnung innerhalb 48 Stunden zu
verlassen. In seinem Stellwerk des Bahnhofs Xan-
ten wurden durch Belgier die Uhr, eine elektrische
Deckenlampe und sonstige Ausrüstungsgegenstände zer-
trümmert und der Blockkasten gewaltsam geöffnet.
Der einzige Fahrstraßenhebel war festgekeilt, um
nur die Einfahrt im Geleis 1 zuzulassen. Die Zer-
störungen wurden anscheinend aus Aerger ausgeführt,
daß es nicht gelang, in den Bahnhof zu fahren.
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Stadtarchiv Troisdorf (3. März 2023). 3. März 1923. 1923: Alltag in der Krise. Abgerufen am 9. Februar 2025 von https://doi.org/10.58079/aerc