20. Februar 1923

Alle Scans zum Schreiben

Quelle: Stadtarchiv Troisdorf, A 303 „Kommunalabgaben“ 1920-1938, Bl. 32-34

Gemeindeverordneter Fritz Flörken, Inhaber eines Kurzwarengeschäftes, setzt sich für Steuererleichterungen in Troisdorf ein.

Gemeindeverord-
neter Flörken
hat von der Ent-
scheidung des
Gemeinde-
rates in der
Sitzung Kennt-
nis erhalten
daher
z.d.A.
3/3 1923.
K
                           Troisdorf, 20. Februar 1923.

Zur nächsten Sitzung der
Finanzkommission
22/2 1923.   K

Titl.
Bürgermeisteramt, Hier.

         In Anbetracht der steigenden Ausgaben
bei der Gemeinde, wurde in der letzten Ge-
meinderatssitzung beschlossen, außer der vom
Kreis verlangte Nacherhebung der Umlage
von 2450%, für die Gemeinde eine nochmalige
Kommunalsteuer-Nacherhebung für 1922,
bei Grund und Gebäude                    1400%
  ”   Gewerbesteuer        Klasse I.    2400%
  ”                   ”                        ”      II.        1400%
  ”                   ”                         ”      III.     1000%
  ”                   ”                         ”      IV.      800%
  ”  Betriebssteuer 1000% eintreten zu lassen.
        Zur Grund u. Gebäudesteuer stelle ich
folgenden Antrag:
       diejenigen Kommunalsteuerpflichtigen,
welche für das Rechnungsjahr 1922 mit einem
Jahreseinkommen unter 200.000 Mk besteuert sind,
von der Nacherhebung zu befreien.
        Es kommen hierbei hauptsächlich
diejenigen in Betracht, welche aus dem Arbeiter-
und Beamtenstand hervorgegangen sind und
sich durch ihren Fleiß ein Eigentum erworben
                                                                            haben

       durch das, dem klaren Menschenverstande
widersprechende Mietsgesetz sind grade diese
Leute in schwerer Bedrängnis; es ist ihnen
kaum möglich die nötigsten Reparaturen
ausführen zu lassen.
       Um mal ein Schlagwort zu gebrauchen.
„Die Häuser werden zu Ruinen.“
       Die Gemeinde hat bei der bestehenden
Wohnungsnot die Pflicht, alles zu tun
um diesem Elend abzuhelfen; dazu ge-
hört auch, daß sie dazu beiträgt die be-
stehenden Wohnungen im gesundtem
Zustande zu erhalten und die schon
ohnehin schwer drückende Last vermindert.
       Ferner stelle ich den Antrag:
              diejenigen Gewerbetreibenden die
für das Rechnungsjahr 1922 mit einem
Jahreseinkommen unter 200.000 Mk besteuert
sind, von der Nacherhebung freizustellen.
       Die Not der gewerblichen, besonders
aber der kleingewerblichen Betriebe wächst
von Tag zu Tag. Von dieser kann sich nur
derjenige ein Bild machen, der ohne
Vorurteil die Lage des Kleingewerbetreibenden
erkennt. Eine Reihe einst lebensfähiger
Existenzen sind in dieser Not schon vernichtet
worden, vielen stehen nur noch kümmer-
                                                                        liche

liche Tageseinnahmen zur Verfügung mit denen
sie kaum noch ihren täglichen Unterhalt bestreiten
können. Ihre Arbeitsmöglichkeit schwindet, indem
sie dauernd von der Substanz d. h. von ihrem
einst reichlichen Warenbestand den letzten Rest
aufzehren.
           Sie alle haben bisher durch diese Art
Sondersteuer, der Gemeinde manchen Beitrag
geliefert und haben somit für die Erhaltung
der ehemals gesunden Gemeindeverhältnissen
beigetragen.
         In der Zeit der Not darf dann aber
auch erwartet werden, daß ihnen im Ringen
um die Erhaltung ihrer Existenz, keine Last
aufgebürdet wird, die ihre kümmerliche Lage
noch verschlimmert.
         Dieselbe Erleichterung dürfte bei der
Betriebssteuer in Betracht gezogen werden.
Ich ersuche diese Anträge auf die Tages-
ordnung der nächsten Gemeinderatssitzung
zu setzen.
                                           Fr Flörken
                                        Gemeindeverordneter.

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Stadtarchiv Troisdorf (20. Februar 2023). 20. Februar 1923. 1923: Alltag in der Krise. Abgerufen am 10. Februar 2025 von https://doi.org/10.58079/aelo


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