Quelle: Stadtarchiv Solingen, Bergische Arbeiterstimme 15. März 1923
Wucherbekämpfung: Offizielle Anerkennung des Kontrollausschusses in der Solinger Stadtverordnetenversammlung
Solingen
Konsumenten, handelt!
Die Anerkennung des Kontrollausschusses verlangte, wie wir be-
reits kurz berichteten, ein in der letzten Stadtverordnetensitzung zu
Solingen von der kommunistischen Fraktion gestellter
Dringlichkeitsantrag. In seiner Begründung wies Gen[osse]
Loose hin auf die grenzenlose Auswucherung der
unteren Volksschichten. Die Frauen der Arbeiter und An-
gestellten sind es nun endlich satt mit der heute amtlich üblichen
„Wucherbekämpfung“. Sie haben nur allein Vertrauen zu den von
der Arbeiterschaft eingesetzten Kontrollausschüssen und verlangen ge-
bieterisch ihre Anerkennung mit vollen Polizeirechten. Und daß die
proletarischen Kontrollausschüsse Existenzberechtigung haben, das hat
man bereits in sehr vielen Orten eingesehen. So z. B. wurde derselbe
auch in Leichlingen, Hilden, Benrath usw. behördlich aner-
kannt und arbeitet derselbe vorzüglich an der Seite der Polizei.
Trotz des rapiden Steigens der Mark ist von einem
Sinken der Preise nichts zu spüren, wohl aber in Elber-
feld usw. Da heißt es endlich, recht scharf kontrollieren und zufassen.
Beigeordneter Schaal meinte, es genüge, daß zwei Vertreter
des Kontrollausschusses nun Mitglieder der örtlichen Preisprüfungs-
stelle seien. Das, was der Dringlichkeitsantrag wolle, werde von der
Regierung nicht genehmigt. Aehnlich erwiderte der Oberbürger-
meister, indem er sagte, daß die erstatteten Anzeigen vielfach nicht
die erhoffte Bestrafung zur Folge hätten. Unsere Genossin Maur
verlangte ebenfalls im Auftrage der Arbeiterfrauen die Bestätigung
des Kontrollausschusses und versicherte, daß die Bevölkerung sich
künftig nicht mehr hinhalten lasse und es sehr leicht zu Komplikationen
mit der Geschäftswelt kommen könne. Auch die Genossen Hahnen-
furth, Palm u. a. forderten, daß unserem Antrage stattgegeben
werde, widrigenfalls würde die Arbeiterschaft vor lauter Verzweiflung
ihren Willen eben auf Grund ihrer Macht durchsetzen. Der Ober-
bürgermeister erkannte die Berechtigung der Forderung an und
wünschte noch nähere Besprechung in der gestrigen Sitzung der Preis-
prüfungsstelle.
Darauf erfolgte dann die prinzipielle Anerkennung
des Kontrollausschusses für Solingen einstimmig, sogar mit den
Stimmen der Bürgerlichen, deren Mandatgeber zum großen Teil ja
doch auch unter der Wucherpest zu leiden haben.
Nun heißt es also, noch weit mehr als bisher den Kontroll-Aus-
schuß unterstützen, damit ganze Arbeit geleistet werden kann. Auf
zur Tat!
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Stadtarchiv Solingen (15. März 2023). 15. März 1923. 1923: Alltag in der Krise. Abgerufen am 12. Mai 2025 von https://doi.org/10.58079/aeg3