Quelle: Stadtarchiv Solingen, Bergische Arbeiterstimme 27. Januar 1923

Bericht von der Volksversammlung zum Thema „Ruhrbesetzung und Proletariat“ in Ohligs mit der Referentin Mally Schaumann und einer einstimmig angenommen Protestresolution

      Ruhrbesetzung und Proletariat.
   Ueber dieses Thema referierten Genosse Wieden und Ge-
nossin Schaumann gestern abend im Lokale Bergmann. Beide
Redner schilderten eingehend, wie die Arbeiter in der gegenwärtigen
Situation wieder Vorspanndienste leisten sollen, um die Interessen
der Kapitalisten zu sichern. Der Wirtschaftskrieg, in dem wir uns
befinden und der nationale Rummel, der hierdurch eingeleitet
worden ist[,] muß jeden Proletarier zum äußersten Protest veranlassen.
Sie kennzeichnete recht drastisch die Absichten und die Maßnahmen
des internationalen Kapitalismus und warnte, auf diesen Leim un-
serer Gegner hereinzufallen. Gerade die Sammelaktionen für
die Ruhrbergleute bezeugten aufs neue[,] daß die Kosten dieses Rum-
mels vom Proletariat wieder selbst getragen werden sollen. Ein-
gehend schilderte sie, wie die Besitzenden aus dieser Bewegung neues
Kapital herausgeschlagen haben.
   Nachdem noch Genosse Menge in der Diskussion, die jetzigen
Verhältnisse scharf gebrandmarkt, wurde folgende Resolution
einstimmig angenommen: „Die am 26. Januar im Lokal des Herrn
Franz Bergmann versammelten Arbeiter und Arbeiterinnen pro-
testieren gegen die unberechtigte Besetzung des Ruhrgebiets. Sie er-
klären aber, daß sie mit dem nationalen Rummel, der betrieben wird,
um die Arbeiterschaft zu ködern, nichts gemein haben, sondern daß ihr
Kampf einzig und allein gegen den internationalen Kapitalismus
gerichtet ist. Die Versammelten sind sich bewußt, daß die Befreiung
unserer Klasse nur das Werk der Arbeiter selbst sein kann. Aus diesem
Grunde geloben sie, die Sammelaktion mit dem Unternehmertum
abzulehnen. Sie fordern aufs neue, daß zunächst die inhaftierten Ge-
nossen der Märzaktion befreit werden. Sie verurteilen es auf das ent-
schiedenste, daß unsere Regierung dem Schrecken der weiteren Ver-
elendung durch das Kapital kein Einhalt zu bieten vermag. Des-
halb fordert die Versammlung weiter den Rücktritt dieser Regie-
rung, Erfassung der Sachwerte und Bildung, einer Arbeiter-
regierung.“
   Zum Schluß gedachte Genosse Menge unseres verstorbenen Ge-
nossen Klammer und widmete ihm einige Worte der Anerkennung für
die Dienste, die er im Interesse unserer Partei geleistet hat. Zu
Ehren des Verstorbenen hatten sich die Versammelten von den Sitzen
erhoben.